Gefallener Engel (ein Scholzong)

Und die Taube flog hinauf in den grauen Himmel, sagte:

Sein Gedächtnis ist wie Eis in der heißen Wüste Gobi
Er verwechselt hier den Teufel mit mir, die Waffen nieder!
Aus dem Lebensbuch bekannt sind seine Geld-Verschieber

Vielleicht gefallener Engel aus der Hölle?

Die Taube kam hinunter aus dem Himmel, sagte:
Deine Rede von der Zeiten-Wende ist mir eine Ente
Nicht für Frieden stehst du, sondern für noch mehr Kriegs-Geschäfte
Und du schweigst, wenn dir der Vater sagt:
Ich weiß Mittel und Wege!

Vielleicht gefallener Engel aus der Hölle?

Aus dem Rathaus in die Welt, um dann ziemlich tief zu stürzen

Vielleicht gefallener Engel aus der Hölle?

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Dienstag, 22. August 2023, Berliner Zeitung

Wer bringt dem Kanzler Manieren bei?

Ruth Schneeberger

Olaf Scholz kann von Glück sagen, dass er im Volk nicht allzu ernst genommen wird – sonst wäre ihm sein jüngster Lapsus längst um die Ohren geflogen. Diese Eigenschaft hat er sich hart erarbeitet, da er sich an entscheidende Vorgänge in seiner eigenen politischen Karriere nicht mehr erinnern kann.”Olaf Scholz kann von Glück sagen, dass er im Volk nicht allzu ernst genommen wird – sonst wäre ihm sein jüngster Lapsus längst um die Ohren geflogen. Diese Eigenschaft hat er sich hart erarbeitet, da er sich an entscheidende Vorgänge in seiner eigenen politischen Karriere nicht mehr erinnern kann.

Dennoch hat das, was am Wochenende passiert ist, eine neue Qualität. Bei einem Auftritt auf dem Münchner Marienplatz sagte Olaf Scholz (SPD) am Freitag: „Es sind vielleicht gefallene Engel aus der Hölle, die einem Kriegstreiber das Wort reden.“ Er meinte damit offenbar die Friedensbewegung im Ukraine-Konflikt. Und ganz egal, wie man zu diesem Krieg stehen mag: Eine solche Entgleisung gegenüber von ihm persönlich offenbar als unliebsam empfundener politischer Denkweise ist für einen öffentlichen Amtsträger nicht akzeptabel.

Denn dahinter stecken Menschen, die sich ihre politische Denke im Zweifel genauso gut überlegt haben wie Scholz selbst, jeder nach seinen Möglichkeiten und Überzeugungen. Über sie in einem solch entmenschlichenden Ton herzuziehen, das geziemt sich einfach nicht. Erst recht wenn man – neben dem Bundespräsidenten – der oberste Würdenträger eines Landes ist. Was ist mit seiner Vorbildfunktion?

Man stelle sich vor, Angela Merkel hätte eine solche Aussage getätigt, Gerhard Schröder oder gar ein Helmut Kohl? Der Aufschrei wäre groß gewesen. Denn Kohl beispielsweise war – viel stärker noch als Scholz – zwar alles andere als respektvoll etwa im Umgang mit der Presse. Aber eine derart unsägliche öffentliche Bürgerbeschimpfung?

Und das ist der Unterschied: Auch ranghohe Politiker können im Wahlkampf hart austeilen. Aber das ist etwas anderes als eine solche Bürgerbeschimpfung, zu der Scholz leider zu neigen scheint. Schon des Öfteren ließ er auf Marktplätzen oder auch bei anderen Gelegenheiten im Kontakt mit Bürgern bisweilen Respekt vermissen. „Neulich kam jemand zu mir und sagte: Herr Scholz, ich habe meinen Elektroofen gerade auf einen Gasofen umgestellt“, prustete es aus dem Kanzler bei einem Bürgerdialog in Gifhorn heraus, als sei das ein guter Witz. Das war im November 2022, als die Strom- und Gaspreise in diesem Land in für viele unbezahlbare Höhen schossen.

Das erinnert unweigerlich an die Plakate aus dem Bundestagswahlkampf. Darauf war Scholz zu sehen und nur das eine Wort: Respekt. Heute darf man sich getrost fragen, wen er damit meinte. Seine Wähler offenbar nicht.

Denn die SPD ist als urlinke Partei generell eher nicht so einzuordnen, dass sich darin besonders viele Kriegsbewegte fänden. Und man kann natürlich – sowohl als Politiker als auch als normaler Bürger – zu dem Schluss kommen, dass eine Kriegsbeteiligung oder auch nur die Unterstützung einer Kriegspartei eine gute Sache ist. Man mag auch zu dem Schluss kommen, dass es die einzig gute Sache ist. Man kann aber auch zu anderen Schlüssen kommen, und diese Position muss in einer Demokratie zulässig sein. Und zwar ohne dass man vom Kanzler dafür zum Abschuss freigegeben oder geradezu dämonisiert wird.

Dass sein Fauxpas nicht höhere Wellen schlägt, ist auch dem Umstand zu verdanken, dass er im Laufe des Wochenendes umgedeutet wurde zu einer Aussage des Kanzlers „gegen rechte Populisten“. Am Freitag war von Medien vor Ort noch von „Pazifisten mit Friedenstauben“ berichtet worden. Die Friedenstaube selbst bezeichnete Scholz als Symbol aus den 80er-Jahren.

Es ist daher eine Verrohung der Sitten, die der Kanzler hier öffentlich vorantreibt. Jemand muss ihm Einhalt gebieten. Einer seiner Parteifreunde sollte ihm deutlich machen, dass sich Olaf Scholz mit öffentlichen Beschimpfungen keine Freunde macht. Das Land ist eh schon gespalten und eine Mehrheit mit diesem Kanzler nicht zufrieden.

Es mag sein, dass Scholz deshalb glaubt, zu solch drastischen Äußerungen greifen zu müssen, um das Ruder herumzureißen. Um nicht mehr so teflonbeschichtet zu wirken, sondern lebhafter. Das wäre schon ungeschickt genug. Es könnte aber auch sein, dass Scholz glaubt, er könnte sich alles erlauben, solange er noch regiert, und diesen Zustand genießt. Dann wäre es umso mehr an der Zeit, dass ihn jemand eines Besseren belehrt, denn eine solche Machtdemonstration gegenüber dem eigenen Volk ist seiner Position unangemessen. Zumal er der Kanzler einer ganzen Nation ist – also auch derer, die er da aufs Übelste beschimpft.”